Formative Leistungsmessungen mit Selbsteinschätzungen im Deutschunterricht der Sekundarstufe I.
Internally funded project
Start date :
01.06.2013
End date :
31.08.2017
Project details
Scientific Abstract
Es gilt mittlerweile als empirisch gesichert, dass formative Leistungsmessungen große Effekte auf die Schulleistung besitzen können (Kingston & Nash 2011; Black & Wiliam 1998a). Es existieren jedoch nach wie vor Lernbereiche, zu welchen nur eingeschränkt belastbare Erkenntnisse vorliegen (Dunn & Mulvenon 2009; Klauer 2014). Die Studie knüpft an diese aktuelle Befundlage an und untersucht die Effekte eines testbasierten Förderkonzepts mit Selbsteinschätzungen (vgl. z. B. Andrade & Valtcheva 2009; Saddler & Good 2006) für Schreibaufgaben im Deutschunterricht (vgl. Underwood & Tregidgo 2006). Konkret sollten vor allem zu folgenden drei Primärforschungsfragen Erkenntnisse gewonnen werden:
- F1: Besitzen formative Leistungsmessungen bei ganzheitlichen Leistungen einen positiven Effekt auf die Leistung von Schülerinnen und Schülern bei Schreibaufgaben?
- F2: Besitzen Selbsteinschätzungen im Rahmen formativer Leistungsmessungen bei ganzheitlichen Leistungen einen positiven Effekt auf die Leistung von Schülerinnen und Schülern bei Schreibaufgaben?
- F3: Nähern sich die Selbsteinschätzungen der Schülerinnen und Schüler zur ganzheitlichen Leistung „Inhalte zusammenfassen“ durch Übung und Feedback dem Urteil des Lehrenden an?
Die Hypothesenprüfungen erfolgten im Rahmen einer quasiexperimentellen Feldstudie, welche an einer bayerischen Realschule in der neunten und zehnten Klasse (n = 235) zur Kernkompetenz „Inhalte zusammenfassen“ im Deutschunterricht durchgeführt wurde. Das Experiment sah vor, dass alle Schülerinnen und Schüler zunächst eine Kurzzusammenfassung zu einem journalistischen Text schreiben. Anschließend wurde das Sample in Experimental- und Kontrollgruppe geteilt. Die Experimentalgruppe führte nun anhand eines Erwartungshorizontes sowie eines Bewertungsbogens eine Selbsteinschätzung zur angefertigten Inhaltszusammenfassung durch. Die Kontrollgruppe erledigte in dieser Zeit eine alternative Aufgabe mit Text- und Kompetenzbezug. Der Bewertungsbogen bestand aus elf Kriterien, welche die Unterrichtsinhalte zu dieser Aufsatzgattung proportional abbilden und welche ausschließlich bestehenden Bewertungsinstrumenten oder zugelassenen Lehrwerken entnommen wurden. Die Lehrkräfte korrigierten nach der Arbeitsphase von beiden Gruppen die Ausarbeitungen und verbesserten im Zuge dessen auch die Selbsteinschätzungen der Testgruppe. Alle Schülerinnen und Schüler erhielten durch die Herausgabe sowie die Besprechung im Unterricht eine Rückmeldung zu ihrer schriftlichen Ausarbeitung, die Testgruppe durch die Rückgabe des zuvor ausgefüllten Bewertungsbogens zusätzlich Hinweise auf die getätigte Selbsteinschätzung.
Die Auswertung ergab (F1), dass sich die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler (Experimental- und Kontrollgruppe) von Pre- zu Posttest signifikant (p = 0.000) steigern konnten: Das arithmetische Mittel der Bewertungseinheiten (max. 44 BE) stieg von 24.9 (s = 5.46) auf 33.2 (s = 4.30) an. Damit konnte der Nachweis erbracht werden, dass formative Leistungsmessungen auch bei Schreibaufgaben im Deutschunterricht große Effekte (dc = 1.68) auf die Kompetenzausprägung besitzen können. Der Vergleich der Leistungsentwicklung von Experimental- und Kontrollgruppe (F2) zeigte, dass das Durchführen von Selbsteinschätzungen in der vorliegenden Studie keine bedeutsame Wirkung (F = 0.615; p = 0.434) auf die Ausprägung der Kompetenz eine Inhaltszusammenfassung erstellen zu können besaß. Unterhalb des Signifikanzniveaus konnte über einen Vergleich der Effektstärken jedoch festgestellt werden, dass sich die Experimentalgruppe (dc = 1.77) stärker verbesserte als die Kontrollgruppe (dc = 1.50). Durch die Ergebnisauswertung wird weiter ersichtlich (F3), dass das mehrmalige Üben von Selbsteinschätzungen dazu führt, dass sich das Urteil der Lernenden der Bewertung der Lehrkräfte annähert. Dies belegt in erster Linie die hoch signifikante (p = 0.000) Reduktion der Abweichung von durchschnittlich 9.5 BE (s = 5.51) beim Pretest auf durchschnittlich 4.4 BE (s = 3.43) zum Zeitpunkt des Posttests. Die geringen Unterschiede zwischen Lehrer- und Schülerurteil bei der finalen Messung zeigen, dass die Lernenden die Kompetenz des (Selbst)Einschätzens erlernen können, was mit Blick auf selbständige Lernprozesse eine essentielle Kompetenz darstellt.
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