Oetjen B (2024)
Publication Language: German
Publication Type: Thesis
Publication year: 2024
URI: https://open.fau.de/handle/openfau/31408
Gesellschaftliche Veränderungen wie die Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention oder Migrations- und Fluchtbewegungen erweitern die Heterogenität an (Grund-)Schulen stetig (Martschinke et al., 2019). In der inklusiven Grundschule lernt eine immer heterogener werdende Schülerschaft von Anfang an gemeinsam und stellt Grundschullehrkräfte vor zusätzliche und neue Anforderungen. Werden diese Anforderungen von Lehrkräften negativ bewertet, kann sich dies nachteilig auf das Gesundheitserleben der Lehrkräfte auswirken und zulasten einer qualitätsvollen Unterrichtsgestaltung und letztendlich von Schüler*innenleistungen gehen (Klusmann, Kunter, Trautwein & Baumert, 2006; Klusmann & Richter, 2014). Geeignete Ressourcen für Anforderungen in inklusiven Settings können allerdings bei der Bewältigung helfen und günstige Voraussetzungen für eine schüler*innenorientierte Unterrichtsgestaltung bei Lehrkräften schaffen (Döring-Seipel & Dauber, 2010). Für den professionellen Umgang mit Heterogenität in der inklusiven Grundschule sollten daher relevante Ressourcen identifiziert und in geeigneten Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen gestärkt werden.
In der vorliegenden Arbeit wurde in vier aus unterschiedlichen Forschungsprojekten entstandenen Fachartikeln zum einen untersucht, welche Ressourcen für Grundschullehrkräfte und Grundschullehramtsstudierende in inklusiven Settings relevant sind und welche Effekte diese Ressourcen haben (Schwerpunkt I: Fachartikel I, Fachartikel II). In Fachartikel I beschrieben Grundschullehrkräfte in einer Mixed-Methods-Studie am häufigsten soziale Unterstützung und selbstregulative Fähigkeiten als hilfreiche Ressourcen im Umgang mit herausfordernden Kindern und Situationen in inklusiven Settings. In anschließenden Regressionsanalysen erwiesen sich diese beiden Ressourcen besonders prognosestark für die quantitativ erfassten inklusiven Selbstwirksamkeitserwartungen als handlungsregulierende Variable. In Fachartikel II wurden in einer quantitativen Studie über Strukturgleichungsmodellierungen Zusammenhänge von heterogenitätsbezogenen Selbstwirksamkeitserwartungen, inklusiven Einstellungen sowie der Widerstandskraft auf negative (antizipierte Fallbelastungsintensität herausfordernder Schüler*innen) und positive Beanspruchung (Engagement) sowie auf intendierte inklusive Praktiken bei Grundschullehramtsstudierenden untersucht. Lediglich heterogenitätsbezogene Selbstwirksamkeitserwartungen hatten einen tatsächlichen Einfluss auf berufliches Engagement, antizipierte Fallbelastungsintensität und intendierte inklusive Praktiken. Für inklusive Einstellungen und berufliches Engagement zeigten sich dagegen nur positive Auswirkungen auf intendierte inklusive Praktiken, während die Widerstandskraft ausschließlich zusätzliche Effekte auf die antizipierte Fallbelastungsintensität hatte.
Zum anderen wurde in der vorliegenden Arbeit der Frage nachgegangen, inwieweit personeninterne Ressourcen (z. B. Selbstwirksamkeitserwartungen) als ausgewählte professionelle Kompetenzaspekte durch geeignete Seminarkonzeptionen im Lehramtsstudium gefördert werden können (Schwerpunkt II: Fachartikel III, Fachartikel IV). In inklusiven Settings gelten die individuelle Förderung von Kindern (Dumont, 2019) und der Einsatz von digitalen Medien (R. Böhme, Munser-Kiefer & Prestridge, 2020) als vielversprechende didaktische Ansätze zum professionellen Umgang mit Heterogenität, stellen allerdings gleichzeitig eine zentrale Anforderung an Grundschullehrkräfte dar. Beide Themen bildeten daher die inhaltlichen Ausgangspunkte der evaluierten Seminarkonzeptionen im Bereich des Schriftspracherwerbs. Hochschuldidaktisch wurden kasuistische, d. h. fallbasierte, und digitalgestützte Elemente genutzt. In Fachartikel III wurde das Blended-Learning-Seminar Individuelle Unterstützung im Schriftspracherwerb in einer Mixed-Methods-Studie untersucht und mit einer Online-Variante des Seminars verglichen. Beide Seminarformate konnten als personinterne Ressourcen sowohl fachdidaktisches Wissen in Bezug auf individuelle Unterstützungsmöglichkeiten als auch Selbstwirksamkeitserwartungen im Schriftspracherwerb begünstigen. Das Online-Seminar Kinder digital und forschend im Schriftspracherwerb begleiten für Grundschullehramtsstudierende wurde in Fachartikel IV vorgestellt. Das Online‑Seminar orientierte sich konzeptionell am Community of Inquiry‑Modell (Garrison, 2017) und umfasste Erprobungsphasen in der Praxis. Auch bei dieser Seminarkonzeption zeigten sich in einer Mixed-Methods-Studie günstige Veränderungen professioneller Kompetenzen (z. B. Selbstwirksamkeitserwartungen) im digitalen Schriftspracherwerb.
Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse
der empirischen Studien, dass Grundschullehrkräfte und
Grundschullehramtsstudierende über unterschiedliche Ressourcen in inklusiven
Settings verfügen, die verschiedene Effekte auf ihr Gesundheitserleben und
potenziell handlungsregulierende Variablen haben. Digitalgestützte und
fallbasierte Angebote in der Hochschule mit dem Themenbezug individuelle,
digitale Förderung im Schriftspracherwerb eignen sich, um vorhandene Ressourcen
bei Grundschullehramtsstudierenden zu erweitern. Die zentralen Befunde der vier
Fachartikel sowie die gewählten theoretischen und methodischen Vorgehensweisen
werden reflektiert und vor dem Hintergrund der Vergleichbarkeit der
verschiedenen Studien diskutiert. Auch wenn die Arbeit insgesamt bezüglich der
Vergleichbarkeit der Studien limitiert ist, werden Implikationen für zukünftige
Forschungsarbeiten sowie Schlussfolgerungen für eine phasenübergreifende
Lehrer*innenbildung im Kontext inklusiver Anforderungen abgeleitet.
APA:
Oetjen, B. (2024). Bedeutsame Ressourcen von (angehenden) Lehrpersonen in der inklusiven Grundschule: Identifikation und Förderung (Dissertation).
MLA:
Oetjen, Birte. Bedeutsame Ressourcen von (angehenden) Lehrpersonen in der inklusiven Grundschule: Identifikation und Förderung. Dissertation, 2024.
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