Sebald G, Berek M, Dimbath O, Chmelar K, Haag H, Heinlein M, Leonhard N, Valentin R (2020)
Publication Type: Edited Volume
Subtype: Book
Publication year: 2020
Publisher: Springer VS
City/Town: Wiesbaden
URI: https://link.springer.com/referencework/10.1007/978-3-658-26593-9
DOI: 10.1007/978-3-658-26593-9
Der Erforschung des sozialen Umgangs mit (gesellschaftlicher) Vergangenheit haben sich seit den grundlegenden soziologischen Arbeiten von Jane Addams und Maurice Halbwachs in erster Linie die Geschichtswissenschaft und die Kulturwissenschaften angenommen. Nach Pionierleistungen aus den Gebieten des amerikanischen Pragmatismus, der (Sozial-)Phänomenologie sowie des soziologischen Funktionalismus hat die Soziologie diesen Bereich weitestgehend ausgeklammert. Erst in jüngerer Zeit – auch im Zusammenhang mit Interdisziplinaritätsforderungen – rückt das Interesse an Vergangenheitsbezügen wieder in den Fokus der soziologischen Forschung.
Das
zeitweilige Desinteresse der Soziologie bezieht sich allerdings nicht
auf den Umstand des Vergangenheitsbezugs – es scheint sich vielmehr
vorwiegend gegen die von anderen Disziplinen in Beschlag genommene
Terminologie, also die Begriffe ‚Gedächtnis‘, ‚Erinnern‘ und ‚Vergessen‘
zu richten. Tatsächlich enthält erstens fast jede Sozialtheorie
Antworten auf die Frage, in welcher Weise Kollektive und Gesellschaften
auf ihre Vergangenheit zurückgreifen beziehungsweise, wie sie über ihr
je spezifisches Gewordensein reflektieren. Aber auch über diese
Gedächtnistheorie ohne Gedächtnisterminologie hinaus befasst sich die
soziologische Forschung zweitens in fast allen ihren Spezialgebieten mit
Vergangenheitsbezügen: Jede Spezialsoziologie kann mit Fragen sozialer
Gedächtnisse, sozialen Erinnerns und Vergessens konfrontiert werden. Man
gelangt dann zu Forschungsorientierungen wie dem Familiengedächtnis,
dem Wirtschaftsgedächtnis, dem Gedächtnis der Politik, der Massenmedien,
der Religion und so weiter. Drittens liegt eine Vielzahl sozialer
Phänomene vor, die eng mit dem Rückgriff auf Vergangenes verbunden, aber
bislang kaum systematisch untersucht worden sind. Dies gilt für die
Sozialfigur des Gespensts ebenso wie die Frage nach dem ‚Ohrwurm‘, dem
‚Deja vu‘, der Prophetie, dem Volksglauben und so weiter.
Das geplante Handbuch bietet einen umfassenden Überblick über die vier genannten Bereiche soziologischer Gedächtnisforschung und liefert darüber hinaus Informationen über die wichtigsten Schnittstellen – Konvergenzen und Divergenzen – zu den Gedächtniskonzeptionen anderer Disziplinen.
APA:
Sebald, G., Berek, M., Dimbath, O., Chmelar, K., Haag, H., Heinlein, M.,... Valentin, R. (Eds.) (2020). Handbuch Sozialwissenschaftliche Gedächtnisforschung. Wiesbaden: Springer VS.
MLA:
Sebald, Gerd, et al, eds. Handbuch Sozialwissenschaftliche Gedächtnisforschung. Wiesbaden: Springer VS, 2020.
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