Ein Beitrag zur Beschreibung elektromechanischer Ausgleichsvorgänge in elektrischen Energiesystemen und Ursachenidentifikation mittels Weitbereichsmessungen

Semerow A (2018)


Publication Language: German

Publication Type: Thesis

Publication year: 2018

Abstract

Die vorliegende Arbeit besch¨aftigt sich mit den physikalischen Ph¨anomenen
von elektromechanischen Ausgleichsvorg¨angen in elektrischen
Energiesystemen sowie mit der Identifikation ihrer Ursachen mittels
Weitbereichsmesssystemen (WAMS) im praktischen Netzbetrieb. Dabei
besteht der Anspruch, einen Beitrag zum tiefergehenden Verst¨andnis
des nat¨urlichen und erzwungenen, dynamischen Systemverhaltens
zu leisten. Dar¨uber hinaus werden innovative Methoden der Ursachenidentifikation
vorgestellt und mittels Simulation validiert, um technologische
Weiterentwicklungen auf diesem Gebiet zu unterst¨utzen.
Die Abhandlung fasst den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse
zum elektromechanischen Verhalten von Verbundsystemen
zusammen. Neben der Vorstellung einer geeigneten Modellierung dieser
Systeme und bew¨ahrter Berechnungsmethoden im Frequenz- und
Zeitbereich, befasst sich die Arbeit mit der Ausbreitung von Systemereignissen.
Zun¨achst wird die Ausbreitung konzeptuell in zwei Komponenten
– elektromechanische Wellenausbreitung und simultane Beschleunigung
– zerlegt und anschließend werden deren Abh¨angigkeiten
theoretisch fundiert aufgezeigt. Sie werden insbesondere durch das
Spannungsniveau des Netzes, die Impedanzen und die Struktur der
Netztopologie, die Tr¨agheiten der Turbos¨atze in den Erzeugungseinheiten
sowie durch den Arbeitspunkt des Systems charakterisiert.
Weiterhin werden die Auswirkungen periodischer Anregungen mit verschiedenen
Frequenzen im System betrachtet. Ihr Einfluss auf die Synchronmaschinen und deren gegenseitigen Leistungsaustausch stellt den
Untersuchungsgegenstand dar. Es wird dabei deutlich, dass im Bereich
schwach ged¨ampfter, niederfrequenter Moden eines elektrischen Energiesystems
Resonanzerscheinungen auftreten k¨onnen, die systemcharakteristische
Amplituden- und Phasenverh¨altnisse zwischen Netzgebieten
zur Folge haben. Davon unber¨uhrt bleibt die durch das System
angenommene Frequenz der Ausgleichsvorg¨ange. Bei Anregefrequenzen
oberhalb der nat¨urlichen Moden des Systems ist die Ausbreitung
der Anregung zunehmend eingeschr¨ankt.
Die Abhandlung fasst dar¨uber hinaus den aktuellen wissenschaftlichen
Stand zur Lokalisierung von Ursachen elektromechanischer Ausgleichsvorg
¨ange mittels Weitbereichsmesssystemen zusammen, mit welchen
systemweite Messungen synchronisiert durchgef¨uhrt werden. Eine besondere
Aufmerksamkeit erhalten dabei die Methoden, die auf der
elektromechanischen Ausbreitung und der Modalinformation aus Frequenzaufzeichnungen
basieren. Ihr theoretisches Konstrukt wird in der
Arbeit vertieft vorgestellt. Anschließend werden sie mit Hilfe eines
dynamischen Modells des kontinentaleurop¨aischen Synchronverbunds
(CESA) auf ihre Eignung f¨ur den praktischen Einsatz im Systembetrieb
hin gepr¨uft. Das Beurteilungskriterium besteht hierbei in der Er-
¨orterung, inwieweit ein von einem Fehler betroffener Teil eines Netzgebiets
durch die verwendeten Methoden identifiziert werden kann.
In den F¨allen transienter Ausgleichsvorg¨ange zeigen sich teilweise deutliche
Unterschiede in den Ergebnissen der verschiedenen Lokalisierungsmethoden
auf Basis der Ausbreitung. Die nicht-parametrischen Methoden
erm¨oglichen dabei im Durchschnitt eine bessere Zuordnung des
betroffenen Netzgebiets. Unter diesen ist die eigens eingef¨uhrte Methode
der Zeit-Distanz-Verh¨altnisse durch die Priorisierung der zuerst
detektierenden Messstellen in der Regel der Ursache am n¨achsten. Bei
der umfassenden Analyse zeigt sich jedoch auch, dass die den Methoden
zugrundeliegenden Annahmen eines realen Systems auseinanderliegen k¨onnen und dadurch systematisch
Abweichungen entstehen. M¨ogliche Wege zur Ann¨aherung der
Theorie an die Praxis werden im Rahmen der Abhandlung genannt.
In den F¨allen erzwungener Ausgleichsvorg¨ange kann bis auf die Spezialf
¨alle stets eine eindeutige Zuordnung des betroffenen Netzgebiets
mittels der Methoden auf Basis der Modalinformation erfolgen. Dabei
wird, abh¨angig von den Phasenbeziehungen der beteiligten Schwingungspartner,
die Entscheidung anhand der Amplituden und der voreilenden
Koh¨arenzgruppe, die einen geringeren D¨ampfungsbeitrag liefert,
gef¨allt. Die Spezialf¨alle zeichnen sich durch die Bildung mehrerer
koh¨arenter Schwingungsgruppen aus und damit durch eine m¨ogliche
Fehlinterpretation anhand der gew¨ahlten Kriterien.
Grunds¨atzlich wird aufgezeigt, dass die vorgestellten Verfahren zur Ursachenidentifikation
zu den Maßnahmen geh¨oren, die der zunehmenden
Komplexit¨at des dynamischen Verhaltens elektrischer Energiesysteme
entgegengestellt werden k¨onnen. Zuk¨unftig gilt es, die festgestellten
Einschr¨ankungen der Methoden durch tiefergehende Untersuchungen
und Weiterentwicklungen auszur¨aumen sowie f¨ur den praktischen Einsatz
zu ert¨uchtigen. Hierf¨ur bildet die vorliegende Arbeit mit der Behandlung
der zugrundeliegenden physikalischen Ph¨anomene sowie der
Lokalisierungsmethoden eine fundierte Basis.

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How to cite

APA:

Semerow, A. (2018). Ein Beitrag zur Beschreibung elektromechanischer Ausgleichsvorgänge in elektrischen Energiesystemen und Ursachenidentifikation mittels Weitbereichsmessungen (Dissertation).

MLA:

Semerow, Anatoli. Ein Beitrag zur Beschreibung elektromechanischer Ausgleichsvorgänge in elektrischen Energiesystemen und Ursachenidentifikation mittels Weitbereichsmessungen. Dissertation, 2018.

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