Internally funded project
Start date : 01.09.2024
End date : 31.12.2025
Das Projekt KOALA DaZ, arbeitet mit Lesepäckchen. Die Grundlage der Lesepäckchen ist, ein Sprachmaterial anzubieten, das einerseits eine Regelhaftigkeit abbildet (z.B. Doppelmitlaut), das andererseits Kontext für die syntaktische und semantische Ebene bietet. Mit der Auseinandersetzung mit diesem Sprachmaterial, sollen Lernenden die Regelhaftigkeit (z.B. Doppelmitlaut – Selbstlaut davor wird kurz betont) erfassen, ohne dass sie extra versprachlicht werden muss.
In den Lesepäckchen wird die Regelhaftigkeit zur phonologischen Information isoliert angeboten. Zusätzlich werden durch Bildhinweise, Stellung und Bedeutung des Wortes im Satz und in einer Satzfolge angeboten. So haben DAZ-Kinder die Möglichkeit, ihre Lesewörter nicht nur als Training der Regelhaftigkeit in einem Wiederholungsschema zu üben, sondern auch stärker mit anderen Ebenen zu verknüpfen oder zu kontrollieren. Digitale Technologien werden zudem genutzt, um die Lesetexte auf Deutsch und in muttersprachlichen Übersetzungen anzuhören. Die Lesepäckchen folgen einer Progression, daher können sie nach einem Einstufungstest adaptiv dem Leseniveau angepasst genutzt werden.
"Nationale und internationale Studien wiesen wiederholt darauf hin, dass die Lesekompetenz von Schülerinnen und Schülern mit der sozialen Herkunft und dem Migrationshintergrund ihrer Familien zusammenhängt. So stellen Kinder aus sozial weniger privilegierten Familien sowie Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache in Deutschland Schülergruppen mit besonderen Förderbedarfen dar. Die Ergebnisse von IGLU 2021 zeigen, dass die stark ausgeprägten sozialen Disparitäten in Deutschland im Durchschnitt der Vergleichsgruppen der EU- und der OECD-Staaten liegen und sich von 21 anderen Teilnehmerstaaten und -regionen nicht statistisch bedeutsam unterscheiden. Migrationsbedingte Disparitäten sind in Deutschland hingegen stärker ausgeprägt als im Durchschnitt der Vergleichsgruppen der EU- und der OECD-Teilnehmerstaaten und -regionen. Die vertiefenden Analysen für Deutschland machen deutlich, da sich soziale Disparitäten seit 2001 praktisch nicht verändert haben" (IGLU 2021; siehe auch PISA 2018, Röthlisberger et al. 2020). Gerade die in der Primarstufe erworbene basale Lesekompetenz stellen die Basis für den Aufbau höherer Lesekompetenzen und in Folge Zugangsmöglichkeiten zu höheren Bildungsinstitutionen dar (Cunnigham und Stanovich, 1997).
Lesen ist Decodierung von Geschriebenem in Gesprochenes. Lesen zu können ist daher eine Übersetzungsleistung von geschriebenen Wörtern in die (korrekte) Lautgestalt dieser Wörter. Zum Verstehen des Gelesenen sollten dem Leser/der Leserin die Bedeutung und sprachliche Funktion dieser Wörter in ihrer Lautgestalt bereits in der gesprochenen Sprache vertraut ein. Hier haben Kinder mit anderer Familiensprache als Deutsch erhebliche Nachteile.
DAZ-Kinder besitzen einen geringeren ‚Spracherfahrungsschatz‘, wo semantische und syntaktische Merkmale gesprochener Sprache gespeichert sind und für den Leselernprozess abrufbar sind. Sie haben daher geringere Möglichkeit beim decodierenden Lesen auf semantische oder syntaktische Spracherfahrung zurückzugreifen. Speziell der fehlende Wortschatz wurde bei DAZ-Kindern als limitierender Faktor erkannt (Röthlisberger et al., 2021). Aber auch syntaktisches Wissen über Wörter und Sätze, das von Deutsch-sprachigen Kindern als Anhaltspunkte beim sinnentnehmenden Lesen genutzt wird, fehlt (Dehn, 2011).
Phonologischer Bewusstheit ist eine wichtige Lernvoraussetzung für einen erfolgreichen Lernverlauf beim Schriftspracherwerb (Martschinke et al., 2014): Röber (2008) stellte in ihren Leseanfängerstudien fest, dass Kinder dann schneller Lesekompetenz aufbauen, wenn sie die Regelmäßigkeiten der Orthographie als Hinweise für die phonologische Struktur der Wörter nutzen können. Phonologisch-strukturierende Unterstützungsmaßnahmen wie Silbenhäuser (Röber, 2008) können Kindern helfen, Silbenstruktur, Betonung und phonologische Muster zu erfassen; hier brauchen DAZ-Kindern zusätzlich auch syntaktische und semantische Anknüpfungspunkte, damit sie Wörter adäquat verstehen, speichern und für zukünftiges Lesen abrufen können (Gogolin und Klinger, 2011).
Das KOALA DaZ Projekt besteht in der Erarbeitung, Erprobung und Evaluierung eines solchen Materials.