Kommunikation und Sprache im Reich. Die Nürnberger Briefbücher im 15. Jahrhundert: Automatische Handschriftenerkennung - historische und sprachwissenschaftliche Analyse.
Third party funded individual grant
Start date :
01.10.2019
End date :
30.09.2022
Project details
Short description
Das gemeinsame Vorhaben von Historikern, Sprachwissenschaftlern und Informatikern
untersucht ab Oktober die Bedeutung der Reichsstadt Nürnberg für den
Informationsaustausch im Heiligen Römischen Reich und erforscht den Anteil
dieser städtischen Kanzlei an der Entwicklung der neuhochdeutschen
Schriftsprache. Darüber hinaus wird von Seiten der Mustererkennung eine
Verbesserung der automatischen Handschriftenerkennung angestrebt.
Mit der Edition der Nürnberger Briefbücher – der kopialen Überlieferung nahezu aller
ausgehenden Briefe des dortigen Kleinen Rates – wird eine einzigartige Quelle
für die Geschichte der Stadt wie auch für das spätmittelalterliche Reich
erschlossen, deren großer historischer und sprachhistorischer Wert bislang
unzureichend erforscht ist. Die zentrale Rolle Nürnbergs im reichsweiten
Nachrichtenwesen und bei frühen sprachlichen Ausgleichsprozessen im Rahmen der
Entstehung der neuhochdeutschen Schriftsprache wurde immer wieder behauptet,
jedoch fehlt eine wissenschaftliche Untermauerung auf Grundlage des breit
vorhandenen Quellenmaterials.
Aus historischer Perspektive werden die Themenvielfalt und die Kontaktpartner der
Briefbücher als Spiegel des reichsstädtischen Kommunikationsnetzes im frühen
15. Jahrhundert untersucht; zudem werden durch automatische
Schrifterkennung über das Jahr 1423 hinaus die Kontaktpartner bis 1441 erfasst
und ausgewertet.
In linguistischer Hinsicht erfolgt auf der Basis einer phonologisch-graphematischen
Annotation eine Überprüfung der postulierten frühen Überregionalität der
Nürnberger Schreibsprache. In wechselseitiger Ergänzung mit den Historikern
werden Adressatenbezogenheit und Formelhaftigkeit der Briefbücher anhand sozio-
und textlinguistischer Kriterien systematisch erschlossen.
Die Methoden der automatischen Handschriftenerkennung (HTR) wurden in den letzten Jahren
dramatisch verbessert. Ein wesentlicher Grund ist der Einsatz von Methoden des
tiefen Lernens. Erste Erfahrungen sammelten die Antragsteller bereits in einem
Pilotprojekt zum ältesten Nürnberger Briefbuch (1404‒1408). Um die bisher
bestehende Technologie optimal verwenden zu können, sind jedoch umfangreichere
Trainingsdaten als die bisherige Datenbasis notwendig. Daher erarbeitet das
Projekt Best Practices, um schnell und kosteneffizient ausreichende Daten zu
erstellen. Auf der Grundlage unserer Vorarbeiten wollen wir durch Kombination
von HTR Methoden mit Transkriptionen geringerer Qualität dieses Ziel erreichen.
Das erprobte Verfahren kann anschließend auf andere Quellen angewendet werden.
Als Ergebnis des Projekts wird eine hybride Edition von vier Bänden der Nürnberger
Briefbücher im Zeitraum von 1408 bis 1423 (mit insgesamt 844 Folia)
erstellt. Die vorhandenen Mittel der automatischen Handschrifterkennung und ‑analyse
werden weiterentwickelt und stehen anschließend künftigen Projekten zur
Verfügung.
Involved:
Contributing FAU Organisations:
Funding Source
Research Areas