Wie belastbar sind Studien der aktuell dauerhaft aufgenommenen digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA)? Methodische Qualität der Studien zum Nachweis positiver Versorgungseffekte von DiGA

Kolominsky-Rabas P, Tauscher M, Gerlach R, Perleth M, Dietzel N (2022)


Publication Type: Journal article

Publication year: 2022

Journal

DOI: 10.1016/j.zefq.2022.09.008

Abstract

Hintergrund: Im deutschen GKV-System können seit September 2020 – weltweit erstmalig – digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) durch Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen verschrieben und durch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) erstattet werden. Grundlage der Erstattung ist der Nachweis eines „positiven Versorgungseffekts“ durch die Hersteller auf Basis von Wirksamkeitsstudien. Ziel dieser Arbeit ist es, die Studien zum Nachweis positiver Versorgungseffekte der dauerhaft in das DiGA-Verzeichnis aufgenommenen Anwendungen aus den Kategorien „Nervensystem“ und „Psyche“ auf ihre methodische Qualität zu untersuchen und zu bewerten. Methode: Die methodische Qualität wurde mit dem Revised Cochrane Risk-of-Bias Tool for Randomized Trials (RoB 2) bewertet. Beurteilt wurde das Verzerrungsrisiko für den primären Endpunkt der jeweiligen Studien entsprechend einer Intention-to-Treat-Analyse. Ergebnisse: Sechs DiGA wurden auf ihre methodische Qualität hin untersucht. Bei allen sechs DiGA wurden randomisierte, kontrollierte Studien zur Untersuchung von Nutzenendpunkten durchgeführt, bei denen sich ein hohes Verzerrungspotenzial zeigte, was insbesondere in einer fehlenden Verblindung der Studien begründet lag. Zudem waren die Drop-out-Raten in der Interventionsgruppe in der Mehrzahl der vorliegenden Studien deutlich höher als in der Kontrollgruppe. Für die meisten DiGA wurde vorab kein Studienprotokoll veröffentlicht, sodass die Überprüfung einer möglichen selektiven Auswahl der Auswertungsmethodik nicht möglich war. Diskussion: Im Sinne der Transparenz, Überprüfbarkeit und Nachvollziehbarkeit der Studienergebnisse sollten die Registrierung in einem Studienregister sowie insbesondere die Veröffentlichung von Studienprotokollen vor Beginn der Studien verpflichtend erfolgen. Um das hohe Verzerrungsrisiko zu verringern, sollte in den Studien eine Verblindung vorgenommen werden, indem die DiGA mit einer sog. Sham-Anwendung verglichen wird. Unterschiedlich hohe Drop-out-Raten der untersuchten Studien könnten auf eine fehlende Wirksamkeit der Behandlung in der Interventionsgruppe, (technische) Probleme bei der Anwendung der DiGA oder eine mangelnde Motivation der Teilnehmenden hindeuten. Schlussfolgerung: Die Zwischenbilanz 18 Monate nach Einführung der DiGA im deutschen GKV-System zeigt, dass die Studien zur Evidenz des Nutzens der DiGA in bestimmten Bereichen ein hohes Verzerrungspotenzial aufwiesen. Positiv hervorzuheben ist jedoch, dass die Hersteller für die untersuchten DiGA randomisierte, kontrollierte Studien zum Nachweis des medizinischen Nutzens vorgelegt haben.

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APA:

Kolominsky-Rabas, P., Tauscher, M., Gerlach, R., Perleth, M., & Dietzel, N. (2022). Wie belastbar sind Studien der aktuell dauerhaft aufgenommenen digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA)? Methodische Qualität der Studien zum Nachweis positiver Versorgungseffekte von DiGA. Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualitat im Gesundheitswesen. https://dx.doi.org/10.1016/j.zefq.2022.09.008

MLA:

Kolominsky-Rabas, Peter, et al. "Wie belastbar sind Studien der aktuell dauerhaft aufgenommenen digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA)? Methodische Qualität der Studien zum Nachweis positiver Versorgungseffekte von DiGA." Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualitat im Gesundheitswesen (2022).

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