Flexible Automatisierung der Statorenmontage mit Hilfe einer universellen ambidexteren Kinematik: Dissertation

Kühl A (2014)


Publication Type: Authored book, Monography

Publication year: 2014

Publisher: Meisenbach

Series: Fertigungstechnik - Erlangen

City/Town: Bamberg

Book Volume: 251

ISBN: 987-3-87525-367-2

Abstract

Die fortgeschrittene Globalisierung stellt auch die Branche des Elektromaschinenbaus vor die gro{ß}e Herausforderung, in einem Land mit hohem Einkommensniveau global wettbewerbsfähig zu produzieren. Um die Wertschöpfung nachhaltig im Land halten zu können, ist für die Hersteller elektrischer Antriebe die Entwicklung kundenorientierter Produkte sowie effizienter und innovativer Montageprozesse entscheidend. Ziel der vorliegenden Arbeit war daher die Konzeption dieser Prozesse unter dem Fokus der Flexibilität der Produktionsmittel. Die Montage von Wicklungen und Deckschiebern mit Hilfe einer dualarm- Roboterkinematik, die Einordnung des entwickelten Montagesystems sowie die Konzeption der übrigen Prozessschritte bildeten die Schwerpunkte. Bestehende Montagesysteme zur Produktion elektrischer Antriebe zeichnen sich entweder durch eine sehr starre Automatisierung oder viele manuelle Tätigkeiten aus. Da Vorrichtungen automatisierter Linien auf bestimmte Statortypen ausgelegt und trotz der fehlenden Flexibilität sehr kostenintensiv sind, ist die Weiterverwendung manueller Hilfsmittel für robotergestützte Montagezellen deutlich zielführender umzusetzen. Die gegenüber einer menschlichen Arbeitskraft dem Roboter fehlenden Sinne und kognitiven Fähigkeiten erfordern jedoch eine Anpassung an den Einsatz dieser Hilfsmittel. In diesem Zusammenhang erfolgte im Rahmen der Arbeit zunächst die Konzeption einer Wickelschablone die ohne Kollisionsgefahr von einem Roboter angefahren werden kann. Die entwickelte Drei- Kammern-Schablone stellt eine kostengünstige, zugängliche und schnell zu rüstende Alternative zu universellen Wickelschablonen dar. Nach Erweiterungen besteht ebenfalls die Möglichkeit, die Positionen der Drahtenden festzulegen und damit definiert zu übergeben. Auch bisherige Lösungen, in der Zelle einen Stator definiert zu spannen, erweisen sich als ungeeignet für eine robotergestützte Montage. Beim Spannen des Blechpakets in eine Vorrichtung, die den Stator während des manuellen Einziehens fixiert, ist es nur mit einem hohen Zeitaufwand möglich, den Stator konzentrisch einzulegen. Die einzelnen Spannzangen wurden daher durch einen Kniehebel ersetzt. Dieser ermöglicht das schnelle Spannen mit definierter Mittelachse und Bezugsebene. Die Flexibilität gegenüber verschiedener Statordurchmesser wird durch kostengünstige, schnell zu rüstende, austauschbare Schalen gewährleistet. Nach der automatisierungsgerechten Vorbereitung der Montagezelle war es möglich, die Prozesskette zur flexiblen Montage von Statoren zu konzeptionieren. Ausgehend von einem nutgrundisolierten Stator ist der erste Prozessschritt die Montage der Wicklung. Die beschädigungsfreie Handhabung der biegeschlaffen Drähte ist hierbei eine der wesentlichen Herausforderungen. Um diese zu realisieren, wurden verschiedene Konzepte erstellt, bewertet und aufgebaut. Bei diesen nimmt der eine Roboterarm die Wicklung aus der definierten Lage in der Schablone der Wickelmaschine auf und positioniert sie in der Statornut. Der zweite Roboterarm unterstützt diesen Einziehvorgang, durch die Handhabung des Gegenwerkzeuges. Beide Konzepte unterscheiden sich in der Anzahl der übertragbaren Spulen. Während der elektromechanische Greifer des ersten Prototypens dafür ausgelegt wurde, Einzelspulen möglichst flexibel einzulegen, werden beim Prototypen des zweiten Konzeptes Spulengruppen mit Hilfe eines Einziehwerkzeuges in den Stator gezogen. Neben der Verkürzung der Prozesszeit ist hierbei v.a. der Kontaktierprozess wesentlich effektiver durchzuführen. Nach der Montage müssen die Wicklungen fixiert und isoliert werden. Bei Versuchen mit ersten Prototypen wurde klar, dass die robotergestützte Montage vormagazinierter Deckschieber v.a. aufgrund der biegeschlaffen Wicklungen innerhalb und au{ß}erhalb des Stators nur sehr schwierig zu realisieren ist. Neben den Problemen mit der Zugänglichkeit stellte sich v.a. das Einfädeln und Einschieben des Materials als problematisch dar. Mit der Weiterentwicklung zu einem zweiten Prototyp, welcher Transport, Formgebung, Zuschnitt, Zuführung und Einschieben der Deckschieber aus dem Lieferzustand des Isolierbandes übernimmt, können die Probleme der Zugänglichkeit und des Materialtransportes überwunden werden. Ein drittes Werkzeug umgeht die genannten Probleme durch eine Substitution des Prozesses. Nach ausführlicher Materialrecherche und Auswahl konnte an Stelle des seitlichen Einschiebens eines festen Stoffes ein geeigneter Kleber von oben in die Nut appliziert und mittels UV-Licht ausgehärtet werden. Das System ist flexibel gegenüber des Statortyp, sowie der Anzahl der zu produzierenden Motoren und ermöglicht zudem die Erweiterung um den Prozessschritt der Nutimprägnierung. Für die künftige Weiterentwicklung der Deckschieber-Technologie ist neben der Untersuchung von Prozess- und Materialalternativen auch eine verbundene, detaillierte Analyse der Lebensdauer der Wicklung zielführend. Neben mechanischen, thermischen und elektrischen Einflüssen können hier auch Funktionsmaterialien berücksichtigt werden. Zur Schlie{ß}ung der Prozesskette wurden die folgenden Schritte Kontaktierung und Wickelkopfformen konzeptioniert. Die vorgestellten Werkzeuge ermöglichen das schaltrichtige Einsammeln der freien Wicklungsenden sowie die Zuführung zu einer Hei{ß}crimpanlage. Die Integration des Kontaktierprozesses in ein robotergeführtes Werkzeug ist aufgrund der spezifischen Prozessparameter, der hohen Ströme und Spannungen nur bedingt sinnvoll. Ebenfalls nicht ohne zusätzliche Werkzeuge und Aktoren kommt das Wickelkopfformen aus. Aufgrund der hohen Prozesskräfte übernimmt der Roboter lediglich die Handhabung der Werkzeuge. Die Prozesskräfte werden über einen linearen Pneumatikaktor auf ein Werkzeug übertragen, welches durch seinen komplexen geometrischen Aufbau diese nutzt, um die Wicklung axial und radial zu komprimieren. Die vorgestellten Prozesse wurden zu einem Montagesystem projektiert. Im Fokus stand hierbei, Prozesse - wenn möglich - zu parallelisieren und nur - wenn nötig - mit einer Kooperation der beiden Roboterarme abzuarbeiten. Das System wurde im Rahmen der Arbeit simulativ untersucht. Neben der Offline-Programmierung stand hierbei v.a. die Systemoptimierung durch eine Ablaufsimulation im Vordergrund. Es wurden kritische Prozessschritte, wie die zeitintensive Montage der Deckschieber durch einen Roboterarm, detektiert und Ma{ß}nahmen, wie die Erweiterung um eine zweite Wickel- und Roboteranlage vorgeschlagen, die zu einer Effizienzsteigerung des Systems führen. Die Analyse der Wirtschaftlichkeit und der Prozesszeiten sowie der qualitative Vergleich der Prozessschritte validiert die Zelle mit einem resultierenden Einsatzszenario. Hierbei kann nachgewiesen werden, dass ein flexibel robotergestütztes Montagesystem, wie in dieser Arbeit konzeptioniert, bei einer jährlichen Produktion in mittleren Stückzahlen wirtschaftlicher arbeitet als eine manuelle oder vollautomatisierte Linie. Innerhalb der vorliegenden Arbeit wurden Technologien, Prozesse und Systeme aufgezeigt, die eine effiziente und flexible Montage von Elektromotorstatoren ermöglichen. Für eine Umsetzung in einer industriellen Umgebung müssen jedoch einerseits die konzeptionierten Werkzeuge weiterentwickelt, andererseits auch die Technologien unternehmensexterner Partner (Kontaktierung) flexibler gestaltet werden. Eine wichtige Voraussetzung für die Industrialisierung der Prozesse im nächsten Schritt ist die steuerungsseitige Weiterentwicklung und der Einsatz von CAD/CAM-Ketten über die gesamte Prozesskette. Nach Erfüllung aller Rahmenbedingungen sind die Potentiale, wie eine schnelle Programmierung der Anlage und der Werkzeuge sowie Rückschlüsse auf die montagegerechte Konstruktion von Statoren, enorm. Ebenfalls wichtig ist die Optimierung moderner Sensoriksysteme. Eine prozesssichere Detektion von Objekten mit kleinen geometrischen Abmessungen ermöglicht durch eine CAD/CAM-Kopplung neben der Korrektur von Montagefehlern auch das Greifen von freien Spulen- oder Wicklungsenden. Nach einer erfolgreichen Einführung und Umsetzung der robotergestützten Prozesse als Alternative zur manuellen oder automatisierten Prozesskette eröffnen sich für den Produzenten elektrischer Antriebe deutliche Potentiale zur Steigerung der Produktionsflexibilität und -effizienz.

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Kühl, A. (2014). Flexible Automatisierung der Statorenmontage mit Hilfe einer universellen ambidexteren Kinematik: Dissertation. Bamberg: Meisenbach.

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Kühl, Alexander. Flexible Automatisierung der Statorenmontage mit Hilfe einer universellen ambidexteren Kinematik: Dissertation. Bamberg: Meisenbach, 2014.

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