Selbsteinschätzungen im Rahmen formativer Leistungsmessungen bei Schreibaufgaben im Deutschunterricht

Hofmann F (2017)


Publication Type: Conference contribution, Abstract of a poster

Publication year: 2017

Pages Range: 44

Conference Proceedings Title: Durch Bildung gesellschaftliche Herausforderungen meistern

Event location: Heidelberg

Abstract

Unter dem Schlagwort „formative assessment“ sammeln sich zahlreiche innovative Diagnostikkonzepte, die oftmals unter Verwendung alternativer Formen oder neuer Verfahren Informationen für die weitere individuelle Gestaltung von LehrLernprozessen gewinnen (Black & Wiliam 1998; 2009). Weitgehend empirisch gesichert ist mittlerweile, dass formative Leistungsmessungen hohe Effekte auf die Schulleistung besitzen können (Kingston & Nash 2011). Die Befundlage ist jedoch nach wie vor keineswegs einheitlich, vor allem existieren Lehr-Lernbereiche, zu welchen nur eingeschränkt belastbare Ergebnisse vorliegen (Dunn & Mulvenon 2009). So wurden bisher kaum Konzepte für Schreibaufgaben oder den Aufsatzunterricht untersucht (Underwood & Tregidgo 2006). Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Befundlage zu Selbsteinschätzungen: So konnte zwar nachgewiesen werden, dass Selbsteinschätzungen eine Reihe von positiven Effekten auf metakognitive Prozesse oder Motivation besitzen, Aussagen zur Wirkung auf die Schulleistung sind jedoch indifferent (Sadler & Good 2006). Zudem liegen im deutschsprachigen Raum bisher kaum belastbare Ergebnisse zu Selbsteinschätzungen im Deutschunterricht vor. Mit Blick auf das skizzierte Desiderat widmet sich die Studie unter anderen folgenden Kernfragen: 1. Welche Effekte auf die Kompetenzentwicklung besitzen formative Leistungsmessungen im Aufsatzunterricht? 2. Welche Effekte besitzen Selbsteinschätzungen auf die Kompetenzentwicklung im Aufsatzunterricht? 3. Kann die Qualität der Selbsteinschätzungen gesteigert werden? Die Daten für diesen Beitrag stammen aus einer quasiexperimentellen Feldstudie, die an einer bayerischen Realschule zur Kernkompetenz „Inhalte zusammenfassen“ in der neunten und zehnten Klasse an fünf Messzeitpunkten durchgeführt wurde. Untersucht wurde ausschließlich die Fähigkeit, „Inhalte zusammenfassen können“, Bewertungsaspekte wie „Sprachrichtigkeit“, „Aufbau“ oder „Sprachfertigkeit“ wurden nicht berücksichtigt. Als Messinstrument wurde auf einen neu konzipierten Bewertungsbogen mit fünfstufiger Ratingskala und elf Kriterien zurückgegriffen (max. 44 BE). Die ausgewählten Kriterien (z. B. „wichtige Inhalte anführen“, „objektiver Perspektive“) bilden die Unterrichtsinhalte zu dieser Aufsatzgattung proportional ab und wurden ausschließlich bestehenden Bewertungsinstrumenten oder zugelassenen Lehrwerken entnommen. Die interne Konsistenz lag bei den fünf Messzeitpunkten zwischen a = .75 und a = .79. Der Untersuchungsablauf für alle Messzeitpunkte legte fest, dass die Probanden (n = 235; 46.8 % Mädchen) zuerst eine Kurzzusammenfassung zu einem journalistischen Text schrieben. Anschließend wurde die Gruppe geteilt. Die Experimentalgruppe (n = 125) führte nun anhand eines Erwartungshorizontes mit Korrekturerläuterungen sowie des Bewertungsbogens eine Selbsteinschätzung durch. Die Kontrollgruppe (n = 110) erledigte in dieser Zeit eine alternative Aufgabe mit Text- und Kompetenzbezug. Die Lehrkräfte korrigierten nach der Arbeitsphase von beiden Gruppen die Ausarbeitungen und verbesserten im Zuge dessen auch die Selbsteinschätzungen der Treatmentgruppe. Alle Schüler erhielten durch die Herausgabe des Aufsatzes mit Bewertungsbogen sowie die Besprechung im Unterricht eine Rückmeldung zu ihrer schriftlichen Ausarbeitung, die Testgruppe durch die Rückgabe des zuvor ausgefüllten Bewertungsbogens zusätzlich Hinweise auf die getätigte Selbsteinschätzung. Die Auswertung ergab, dass sich alle teilnehmenden Schülerinnen und Schüler (Experimental- und Kontrollgruppe) von Pre- zu Posttest signifikant steigern konnten (p = .000): Das arithmetische Mittel der Bewertungseinheiten stieg von 24.9 (s = 5.46) auf 33.2 (s = 4.30) an (d = 1.68). Eine detailliertere Betrachtung der Einzelkriterien zeigte, dass sich die Lernenden zwar bei allen Kriterien vom ersten zum letzten Messzeitpunkt signifikant verbessern konnten (p = .000), die Steigerungen aber durchaus unterschiedlich ausfielen (d zwischen 0.26 und 2.34). Die Untersuchungen zur Primärforschungsfrage nach der Wirkung der Selbsteinschätzung auf die Kompetenzentwicklung ergaben, dass das Durchführen von Selbsteinschätzungen keinen bedeutsamen Effekt (p = .434) auf die Qualität der Inhaltsangaben besaß. Über einen Vergleich der Effektstärken konnte jedoch oberhalb des Signifikanzniveaus ein Unterschied zwischen Experimental- (d = 1.77) und Kontrollgruppe (d = 1.50) festgestellt werden. Die Analyse der angefertigten Selbsteinschätzungen zeigte zudem, dass sich das Urteil der Schülerinnen und Schüler über die fünf Messzeitpunkte hinweg jenem der Lehrkräfte annäherte. Aufgrund der bestehenden unterschiedlichen methodischen Zugänge (Saddler & Good 2006) wurde der Vergleich von Lehrer- und Schülerurteil anhand verschiedener Verfahren geprüft.

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How to cite

APA:

Hofmann, F. (2017, March). Selbsteinschätzungen im Rahmen formativer Leistungsmessungen bei Schreibaufgaben im Deutschunterricht. Poster presentation at GEBF-Tagung „Durch Bildung gesell-schaftliche Herausforderungen meistern", Heidelberg.

MLA:

Hofmann, Florian. "Selbsteinschätzungen im Rahmen formativer Leistungsmessungen bei Schreibaufgaben im Deutschunterricht." Presented at GEBF-Tagung „Durch Bildung gesell-schaftliche Herausforderungen meistern", Heidelberg 2017.

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