FIT 2020. Fallbezogenes Inklusionsspezifisches Training für Lehramtsanwärter*innen der Primarstufe zum Umgang mit Belastungen – Weiterentwicklung, Durchführung und Evaluation einer Intervention. (FIT 2020)

Internally funded project


Acronym: FIT 2020

Start date : 24.01.2019


Project details

Scientific Abstract

Theorie/Forschungsstand

Der gegenwärtige Forschungsstand legt nahe, dass durch die Umgestaltung von Grundschulen hin zu inklusiven Lernorten die Schülerschaft immer heterogener wird und sich Lehrkräfte durch „besondere“ Kinder mit (sonder-)pädagogischem Förderbedarf zusätzlich belastet fühlen (Albisser et al. 2006). Studien zur Lehrergesundheit betonen für den Umgang mit Belastungen die Bedeutsamkeit professioneller Handlungskompetenzen (Peperkorn/Horstmann 2018) und Ressourcen (Döring-Seipel/Dauber 2010). Die Lehrerfortbildung übernimmt hierbei eine Schlüsselfunktion, da sich Lehrkräfte auf den Reformprozess der Inklusion nicht vorbereitet fühlen (Amrhein 2015) und in inklusiven Settings eine starke Steigerung der „ohnehin als hoch erlebten Belastung erwarten“ (Erbring 2015, S.159). Problematisch ist, dass der inklusionsspezifische Fortbildungsbedarf weiterhin steigt, jedoch zum einen nicht gedeckt werden kann (Amrhein/Badstieber 2013) und zum anderen keine Qualitätssicherungsmaßnahmen vorliegen (Amrhein 2015). Gleichzeitig verweisen die wenigen vorliegenden Studien zur salutogenen Perspektive von Lehramtsanwärter*innen der zweiten Ausbildungsphase (Braun et al. 2015) auf hohe Werte in „Burnout“ und „kognitiven Stresssymptomen“, die die der Lehrkräfte sogar übersteigen (Drüge et al. 2014). Die Belastungen zeigen sich auch darin, dass viele Lehrkräfte bereits nach wenigen Jahren ihren Beruf wieder verlassen (Albisser/Keller-Schneider 2010). Die verschiedenen Lernvoraussetzungen der Schüler*innen, Reformen/Neuerungen im Bildungssystem sowie das Verhalten/die Motivation einzelner Schüler*innen stellen dabei die drei am häufigsten genannten Belastungsfaktoren aus Sicht der Lehramtsanwärter*innen dar (Albisser 2009), die als Hinweise angesehen werden können, dass aktuell vorwiegend inklusive Settings mit besonderen Fällen als Belastung angesehen werden. Beutel et al. (2016) zufolge zeigt diese Zielgruppe  großes Interesse an gesundheitsbezogenen Unterstützungsangeboten, Fallbezug (z.B. Lipowsky/Rzejak 2017) und zielgruppenspezifische Anpassung (Kaluza 2018) stellen dabei zentrale Kriterien für deren Wirksamkeit dar.

Fragestellungen/Ziel

Die Dissertation hat sich zum Ziel gesetzt, die Fortbildungskonzeption LehrKRÄFTE (Elting et al. 2021; Martschinke et al. 2019) zum Umgang mit Belastungen in inklusiven Settings für Lehramtsanwärter*innen weiterzuentwickeln, auf die Bedarfe der zweiten Lehrerbildungsphase anzupassen und zu evaluieren. Die ersten Evaluationsergebnisse aus LehrKRÄFTE können als Hinweise gedeutet werden, dass es sich um eine gewinnbringende Unterstützung zum Umgang mit Belastungen in inklusiven Settings handeln kann (Elting et al. 2020) und phasenübergreifend erprobt werden könnte. Von Interesse ist dabei die Frage, inwiefern in inklusiven Settings durch die Intervention die fallspezifischen Belastungen reduziert und fallspezifischen Ressourcen gestärkt werden können und wie hoch der Lernnutzen eingeschätzt wird.

Design/Methode

Für die Vorstudie im Sommer 2019 konnten N=21 Lehramtsanwärter*innen rekrutiert werden. Hierbei wurden die Intervention und Messinstrumente aus LehrKRÄFTE bei der Zielgruppe der der Lehramtsanwärter*innen erprobt sowie deren spezifische Fortbildungsbedarfe erfasst. In der Hauptstudie im Februar/März/Juli 2020 wurde das daraufhin weiterentwickelte Training (FIT 2020. Fallbasiertes Inklusionsspezifisches Training für Lehramtsanwärter*innen der Primarstufe zum Umgang mit Belastungen) in weiteren sechs Seminargruppen (N=58) implementiert. Die fragebogenbasierte Evaluation erfolgt im Rahmen einer quasi-experimentellen Prä-Post-Studie im Mixed-Methods- und Wartekontrollgruppendesign. Um mögliche Transferwirkungen des Trainings in den inklusiven Schulalltag erfahrbar zu machen, wurden im Juli 2020 mit N=22 Lehramtsanwärter*innen telefonische Leitfadeninterviews als Follow-Up-Messung geführt. Zudem wurden jeweils circa vier Monate nach Trainingsteilnahme von diesen und weiteren Lehramtsanwärter*innen (N=43) erneut Fragebögen zu möglichen Transferwirkungen im inklusiven Schulalltag ausgefüllt.

Literaturangaben

Albisser, S.; Kirchhoff, E.; Meier, A.; Grob, A. (2006): Anforderungsverarbeitung & Gesundheit im Berufszyklus von Lehrpersonen. Symposiumsbeitrag zu "Balancieren im Lehrberuf".

Albisser, S. (2009): Belastender oder kompetenzorientierter Umang mit Anforderungen und Ressourcen im Berufseinstieg? In: PÄD-Forum: unterrichten erziehen 37/28 (3), S.104-107.

Albisser, S.; Keller-Schneider, M. (2010): Unter Druck - und trotzdem professionell. In: ph akzente (2), S. 23–25.

Amrhein, B. (2015): Professionalisierung für Inklusion gestalten: Stand und Perspektiven der Lehrerfortbildung in Deutschland. In: Fischer, C.; Veber, M.; Fischer-Ontrup, C.; Buschmann, R. (Hg.): Umgang mit Vielfalt. Aufgaben und Herausforderungen für die Lehrerinnen- und Lehrerbildung. Waxmann (Begabungsförderung: Individuelle Förderung und Inklusive Bildung), S. 139-155.

Amrhein, B.; Badstieber, B. (2013): Lehrerfortbildungen zu Inklusion - eine Trendanalyse. Hg. v. Bertelsmann Stiftung. Online verfügbar unter https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/lehrerfortbildungen-zu-inklusion-eine-trendanalyse/.

Beutel, T..; Adams, J.; Engler, S.; Gerzymisch, K.; Rose, D.-M. (2016): Gesundheitliche Auswirkungen des Referendariats und Präventionsansätze. Eine qualitative Interviewstudie. In: Lehrerbildung auf dem Prüfstand 9 (2), S. 267–283.

Döring-Seipel, E; Dauber, H. (2010): Was hält Lehrer und Lehrerinnen gesund – die Bedeutung von Ressourcen, subjektiver Bewertung und Verarbeitung von Belastung für die Gesundheit von Lehrern und Lehrerinnen. In: Schulpädagogik heute (2), S.1-16.

Drüge, M.; Schleider, K.; Rosati, A.-S. (2014): Psychosoziale Belastungen im Referendariat - Merkmale, Ausprägungen, Folgen. In: Die deutsche Schule 106 (4), S. 358–372. 

Elting, C., Baumann, R., Martschinke, S., Grüning, M., Niessen, C., Kopp, B. & Oetjen, B. (2021). LehrKRÄFTE schonen und sinnvoll einsetzen: Konzeption und erste Evaluation einer fallbasierten Fortbildung für Lehrkräfte zum Umgang mit Belastungen in inklusiven Settings. In N. Böhme, B. Dreer, H. Hahn, S. Heinecke, G. Mannhaupt & S. Tänzer (Hg.), Eine Schule für alle - 100 Jahre Grundschule - Mythen, Widersprüche, Gewissheiten. Springer VS.

Erbing, S. (2015): Lehrer/innengesundheit und schulische Inklusion. Engagiert, und doch entspannt mit Vielfalt in der Schule umgehen. In: Fischer, C.; Veber, M.; Fischer-Ontrup, C.; Buschmann, R. (Hg.):  Umgang mit Vielfalt. Aufgaben und Herausforderungen für die Lehrerinnen- und Lehrerbildung. Waxmann (Begabungsförderung: Individuelle Förderung und Inklusive Bildung), S. 157–168.

Lipowsky, F.; Rzejak, D. (2017): Fortbildungen für Lehrkräfte wirksam gestalten. Erfolgsversprechende Wege und Konzepte aus Sicht der empirischen Bildungsforschung. In: Bildung und Erziehung 70 (4), S. 379–399. 

Martschinke, S.; Elting, C.; Grüning, M.; Kopp, B.; Niessen, C.; & Schröder, C. (2019): Belastende Fälle in inklusiven Settings – erste Ergebnisse aus dem Kooperationsprojekt BISU. In: Donie, C.: Foerster, F., Obermayr, M.; Deckwerth, A.; Kammermeyer G., Lenske, G.; Leuchter, M.; Wildemann, A. (Hg.): Grundschulpädagogik zwischen Wissenschaft und Transfer. VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Peperkorn, M. & Horstmann, D. (2018): Gesundheitserleben von Lehrkräften im inklusiven Unterricht. In: Prävention und Gesundheitsförderung (15), S. 607-613.

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