Engineering the Sacred; Administrating the Soul: the Plurality and Pluralization of Early Modern Catholicism in Roman Censorship of Sacramental and Devotional Writings 1643-1713

Third party funded individual grant


Start date : 01.01.2015


Project details

Scientific Abstract

Das Projekt will Dynamiken der Pluralität und Pluralisierung in nicht-pluralistischen Gemeinschaften des frühneuzeitlichen Europa erforschen. In Anlehnung an die post-Durkheimsche Anthropologie und die Organisationssoziologie richtet sich der Fokus auf religiöse Pluralität innerhalb der frühmodernen Konfessionen: auf eine Pluralität, die nicht als marginale Erscheinung, sondern als wichtiger Makler religiösen Wandels verstanden und auf gleicher Augenhöhe mit dem Uniformisierungsdrang gesehen wird, den die bisherige Forschung oft als zentrales Phänomen der Zeit wahrnimmt. Die religiösen Praktiken und Riten sollen die Fallbeispiele liefern. Die im frühmodernen Katholizismus festgestellte Beschäftigung der Autoritäten mit der jeweils korrekten sakramentalen oder devotionalen Praxis, könnte sich nämlich auch als Vertuschungsstrategie des Misserfolgs verstehen lassen, den die Kirche bei der Schlichtung sie zerreißender doktrinärer Debatten erlitten hatte, etwa in der Soteriologie, bzgl. der Unfehlbarkeit u.a. Weil diese orthopraktische Orientierung und die entsprechenden Polemiken auch über den Buchdruck ausgetragen wurden, liefern sakramentale Traktate, Andachts- und Bruderschaftsbücher, Thesenblätter usw. einen exzellenten Beobachtungsposten, um die Hypothese zu verifizieren.Als Untersuchungszeitraum bieten sich die Dekaden zwischen 1643 und 1713 an, in denen die Polemiken des Jansenismus, Quesnellianismus, Quietismus usw. kulminierten. Diese Polemiken sind nicht das zentrale Thema; sie liefern aber eine Fülle an Informationen zu den Praxen, die sich im Zusammenhang mit der Buchkultur entwickelten: die Zensur, mehr spezifisch die hoch institutionalisierte Zensur der römischen Kongregationen. Die neuere Forschung bewertet die Zensur nicht mehr exklusiv als ein Instrument der Disziplinierung, sondern auch als eine kulturelle und kognitive Praxis. Quellen, die im Rahmen der Zensur entstanden sind, bieten also einen besonderen Einblick in Texte bzw. in die Redaktion von Texten bzgl. religiöser Praxen und Riten.Dieser Forschungsansatz bietet, erstens, analytische Vorteile, indem es auf die Praxen einer Religion fokussiert, aber die Doktrin als Referenz hat. Zweitens findet er ein reiches Quellenkorpus in den Archiven des Hl. Stuhls. Drittens wird so ein zu erforschendes Kollektiv miteinbezogen: Zensoren und (andere) Bürokraten in der Inquisition, der Indexkongregation und weiteren Dikasterien der Kurie, also Beteiligte an einer Expertenkultur, die sich als Verwalter eines monolithischen Katholizismus verstanden.Die zentrale Frage dieses Projektes lautet mithin, ob und inwiefern die Bürokraten des Glaubens paradoxerweise die Pluralität und Pluralisierung der frühmodernen Katholizismen erleichtert oder mit ausgelöst haben. Dementsprechend verortet sich das Habilitationsprojekt, das ausgeführt werden soll an der FAU Erlangen, zwischen Kultur-, Religions-, Ideen- und Wissenschaftsgeschichte.

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