Third party funded individual grant
Acronym: KARSTEN
Start date : 01.01.2018
End date : 30.06.2019
In einer leisen Umgebung empfinden wir selbst Geräusche
mittlerer Schallpegel bereits als störend. Im Kontext der Elektromobilität, bei
der die im Fahrbetrieb dominierenden Motorgeräusche eines Verbrennungsmotors
von leisen, für den Menschen nahezu unhörbaren Elektromotoren abgelöst werden,
ergeben sich hieraus ganz neue Herausforderungen für die Fahrzeugentwicklung:
neben Roll- und Windgeräuschen, die besonders bei schneller Fahrt auftreten,
zeigt sich auch, dass Vibrationen und Klappergeräusche im Insassenraum stärker
wahrgenommen werden. Derartige Geräusche können nicht auf der Grundlage
zeitlich gemittelter Schalldruckpegel beurteilt werden, denn das menschliche
Gehör ist adaptiv und passt sich dem aktuellen Geräuschniveau an, sodass
Störgeräusche trotz eines absolut betrachtet geringen Schalldrucks wesentlich
die subjektive Wahrnehmung des Fahrzeuginnengeräusches beeinflussen-. Im Umfeld der Elektromobilität ist der Leichtbau mit
Faserverbundwerkstoffen, beispielsweise CFK, kaum mehr wegzudenken. Besonders
deutlich wird dies am Beispiel des BMW i3, dem ersten Serien-Elektrofahrzeug
mit einer Fahrgastzelle aus Carbon. Wegen seiner hohen Steifigkeit und
Festigkeit bei gleichzeitig geringer Dichte spricht man- der Werkstoffklasse für die
Zukunft eine weiter zunehmende Rolle in der Elektromobilität zu. Untersuchungen im Bereich der Zeitfestigkeit zeigen jedoch, dass das
Material unter zyklischer Beanspruchung schnell an Steifigkeit verliert. So
konnten Steifigkeitsverluste in Größenordnung von 25% bereits bei rund einem
Zehntel der maximal ertragbaren Gebrauchsdauer gemessen werden. Ein solcher
Verlust von Materialsteifigkeit bringt auch eine Veränderung des Schwing- und
Vibrationsverhaltens tragender Teile aus CFK mit sich – beispielsweise eine
Verringerung von Eigenfrequenzen. Dies führt zu einer schnelleren – und stärker
ausgeprägten – Bildung störender Klappergeräusche. In der ohnehin anspruchsvollen Auslegung von Faserverbundbauteilen wird in
Hinblick auf Vibrationsentwicklung jedoch zumeist nur die Steifigkeit im
Neuzustand des Materials herangezogen – eine Lücke, die es zu schließen gilt.
Vordergründiges Ziel des Projekts KARSTEN ist daher die
Bereitstellung einer Auslegungsmethode, mit der das Schwingverhalten von
Strukturbauteilen aus Faserverbundmaterial sowohl im Neu- als auch im
gebrauchten Zustand gezielt eingestellt werden kann.
Dies umfasst die folgenden Teilschritte:
Im Rahmen der Auslegung und der experimentellen Prüfung faserverstärkter Kunststoffe kann am Lehrstuhl für Konstruktionstechnik auf einen mehrjährigen Erfahrungsschatz zurückgegriffen werden. Vorarbeiten umfassen beispielsweise die kraftflussgerechte Bauteilauslegung nach dem bionischen Vorbild von Baum- oder Knochenwachstum. Mit diesem Verfahren können besonders steife und dennoch leichte Strukturen geschaffen werden. Die skizzierten, grundlegenden Forschungsarbeiten werden Automobilbauern und -zulieferern Möglichkeiten und Werkzeuge geben, Strukturbauteile aus Faserverbundmaterial über ihre gesamte Gebrauchsdauer hinweg dahingehend auszulegen, dass die Entwicklung von Störgeräuschen vermindert oder ganz unterbunden wird. Besonders die Attraktivität von Elektrofahrzeugen, bei denen Störgeräusche eine größere Rolle spielen, kann dadurch gesteigert werden, sodass ein weiterer, positiver Beitrag zur zukünftigen Verbreitung der Elektromobilität geleistet wird.